Gemaltes Bild von einer Tasse Kaffee und daneben liegenden Kaffeebohnen

Ich koch dir Kaffee und schenk dir Goldregen, wann immer du möchtest

Kurzgeschichte

S.K.

Du hast mir Schoko-Vanille Eiskrem gekauft und Milchkaffee mit Zucker, wusstest du denn nicht, dass einem Mädchen wie mir dadurch ihre Souveränität verloren geht? Oh, vielleicht war ich ja gar nicht wach, als wir uns begegneten. Ich gerate in eine Illusion, einen Fiebertraum, mir wird ganz schwindlig, wenn deine Hand mich berührt.


Es durchströmt mich ein ungeheurer Strudel aus Lust, während ich mich in deinen Schoß träume, auf dem Weg nach Königforst in der Linie neun zu Feierabend. Viertel vor elf und alles ist leer. Ganz am hintersten Ende der Straßenbahn träume ich im Lichtermeer vor mich hin, ich würde, ja ich habe, ich habe meine Hand eiskalt in deine verlebte Wrangler Jeans gesteckt, als du letzte Woche hier neben mir saßt.

Herr Kowalski.

Die Haare halblang und das Baujahr so weit entfernt von meinem, fast schon könntest du mein Erzeuger sein. Metallhund. Skorpion in der Sonne, Schütze im Aszendenten. Für diese Sternzeichenkombination gehöre man normalerweise gelyncht. Aber ich finde, deine Aura könnte nicht strahlender sein. Weltoffen, freundlich, optimistisch. Klug, nachhaltig denkend, rebellisch. Trinkst fast nie Alkohol. Konsumierst dafür Kaffee umso exzessiver. All das macht mich so spitz wie ein gerade erst neu gekaufter Buntstift.

Anika hat gesagt, lediglich zwei von zehn Männern aus dem Jahrzehnt der Siebziger durchsehen meine nymphomanischen Absichten, wenn ich versuche, verführerisch zu sein. Die restlichen Acht missinterpretieren mein Verhalten als charismatisch und sehen in mir nur eine heranwachsende Frau ohne großen Erfahrungsschatz. Dabei ist’s so einfach: Männer unter vierzig sind für mich schlichtweg nicht mehr interessant.

Schlechte Idee, dir das jetzt zu sagen, aber vielleicht mag ich ja, dass deine Haare am Ansatz schon grau werden. Und ich mag, wie du riechst, nach einer Kombination aus Arbeitsschweiß deiner Dienstkleidung und Pueblozigarettenrauch. Mag, wie du Auto fährst, ich hab da so nen Hobby, sagst du, jede rote Ampel möglichst knapp zu überfahren, und ich könnte die ganze Zeit nur denken, hey, Mann aus dem alten Osten, der Witze erzählt, die ich nicht verstehe - wie will ich mich auf dich drauf setzen.

Mir durstet nach heiß-kalten Abenteuern, aber Gott, Lilith, das Mädchen aus dem Norden, deine dunkle Fee, muss mal aufhören so krass kitschig zu sein und es lassen mit von wegen: Ja, dann will ich halt ein bissl knutschen mit dir im Assistentenzimmer, weil du so übelst attraktiv aussiehst mit deinem Baumwollbeutel und dem Reißverschlusspullover, na und? Trägst den Ledergürtel locker am Hosenbund, schuldig! Sprichst ein kölsch wie es im Buche steht, oh mein Gott - war gekommen, um dich zu fragen, ob du mit mir ausgehst, heute Nacht. Ich holte dich ab von der Arbeit, heimlich, damit uns niemand entdeckt, denn das ist bestimmt nicht gern gesehen, die neuste mit dem ältesten Mitarbeiter, schau mir mal für länger als fünf Sekunden in die Augen, wenn du mich begleiten willst. Dich fand ich bereits verzaubernd als ich deinen Kartoffelsalat zum ersten Mal aß, vor einem Jahr, auf dem Sommerfest unserer Kollegen. Aber da haben wir nicht geredet. Ja, vielleicht hab ich tatsächlich geschlafen, als wir uns begegneten.


Jetzt schließt du mal die Augen, ich lenk für dich, dann kriegste ein Gefühl für die Kupplung. Komm schon, vertrau mir, wir sind auf einem kaum befahrenen Fabrikgelände, was soll da schon großartig passieren. Vertrau mir. Es wird dir helfen.


Wusstest du denn nicht, dass einem Mädchen wie mir wird ganz schwindlig, wenn deine Hand mich berührt…